Liebe Schweinehundefreunde,
vielleicht haben Sie es schon mitbekommen: Ich bin NICHT der nächste Präsident der German Speakers Association geworden. Letzten Donnerstag auf der Mitgliederversammlung bekam ich 122 Stimmen. Meine Mitbewerberin Gaby Graupner hingegen bekam 124 Stimmen – und hat somit die Wahl gewonnen. Liebe Gaby, jetzt auch hier per Newsletter: Herzlichen Glückwunsch!
Aber: Was bedeutet das nun? Für die GSA? Und auch für mich?
Für die GSA bedeutet das Wahlergebnis sicher, dass sich die nächste Präsidentin voller Engagement ihrer Aufgabe und den vereinsinternen Strukturen widmen wird, wie sie es bereits in den letzten Jahren erfolgreich getan und auch vor der Wahl angekündigt hat. Die GSA wird eine Präsidentin bekommen, die sich voll und ganz der Sache verschreiben und ihr Bestes geben wird. Insofern gibt es keinen Grund, über den Ausgang der Wahl in irgendeiner Weise bedröppelt zu sein – auch wenn ich mich natürlich mehr gefreut hätte, wenn ich gewonnen hätte.
Aber auch für mich persönlich ist das Wahlergebnis okay. Mit zwei Stimmen Differenz zu verlieren ist keine gefühlte Niederlage, sondern gewissermaßen eine Art Unentschieden – zumal ich enorme Unterstützung, viel Rückhalt und Zustimmung erlebt und empfunden habe und immer noch täglich erlebe und empfinde. Vielen Dank dafür – ganz besonders allen, die mich in den letzten Wochen aktiv unterstützt haben! Es war eine einzigartige Erfahrung – zum letzten Mal zu einer Wahl angetreten bin ich vor etlichen Jahren als Zivi-Sprecher unseres Krankenhauses …
Ansonsten sehe ich es auf „typisch Kölsche“ Art – mit der den Bewohnern meiner Stadt eigenen pragmatisch-optimistischen Haltung. Und ich finde, dass sich die folgenden Sätze aus dem„Kölschen Grundgesetz“ auch auf andere „Niederlagen“ aller Art anwenden lassen – und insofern wunderbar in meinen monatlichen Motivationsbrief passen.
„Et es wie et es!“
Auf Deutsch: „Es ist wie es ist!“ Klar: Sieh bei Niederlagen den Tatsachen ins Auge! Zu lamentieren, bringt nix. Beleidigte Leberwurst zu spielen auch nicht. Wer verloren hat, hat verloren. Die Spielregeln sind allen klar gewesen – und Überlegungen anzustellen, im Sinne von „Was wäre gewesen, wenn …?“ ist energetischer Unsinn.
Im GSA-Wahlkampf war allen bekannt, wann und wo gewählt wird. Und – hüstel – auch, dass Stimmübertragungen im Original vorzuliegen hatten, weil die Stimmen sonst nicht zählten. Das habe nicht nur ich in meinen Newslettern erzählt, sondern auch die GSA-Geschäftsstelle. Klare Sache also: Das Wahlergebnis ist wie es ist. Es gilt. Und das ist auch gut so.
Aber „Et es wie et es!“ heißt auch: Übernimm Verantwortung dafür, dass es ist wie es ist! Das Ergebnis ist das Resultat der Summe aller Handlungen vorher. Und herauszufinden, welche Handlungen das Ergebnis wie beeinflusst haben, ist die Aufgabe hinterher. Denn es gilt:
„Et kütt wie et kütt!“
Auf Deutsch: „Es kommt wie es kommt!“ Also: Was hat bewirkt, dass gekommen ist wie es gekommen ist? Welche Fehler hast du gemacht? Am besten betrachtet man Niederlagen also nicht als Niederlagen sondern als Feedback. Niederlagen bedeuten: Was du getan hast, war noch nicht, was du hättest tun müssen, um zu bekommen, was du eigentlich bekommen wolltest! Also muss ich nun analysieren: Was hätte ich besser machen können?
Hier ist sehr spannend, dass die Meinungen bezüglich unserer Aktionen vor der Wahl auseinanderdriften. Was dem einen noch zu harmlos war, empfand der andere schon als überzogen. Wo der eine mangelnden Vereins-„Stallgeruch“ beklagte, freute sich der andere über frischen Wind von außen. Vielleicht ist das Wahlergebnis also einfach ein demokratisches Ergebnis derzeit vorherrschender Meinungsverhältnisse? Insofern ist es zu akzeptieren, ohne daran herumzumäkeln oder es manipulieren zu wollen. Eine Sache war mir vorher nämlich schon sehr wichtig: Ich will meine Positionen darlegen, ohne mich dafür verbiegen zu müssen. Ich bin wie ich bin – und das stelle ich gerne unserem Verein zur Verfügung. Und ich bin nun mal eher Unternehmer als Funktionär oder Politiker. Insofern mag man mir nachsehen, dass ich eine Meinung/Richtung vertreten habe, auch wenn ich dadurch manche nicht angesprochen habe, die sich gerne für eine andere Meinung/Richtung haben entscheiden dürfen.
Außerdem: Mitunter überzogene Reaktionen mancher GSA-Mitglieder („Ich trete aus!“) auf unseren kleinen Wahlkampf empfinde ich auch im Nachhinein als befremdlich. Wie soll man denn Orientierung geben, ohne sich zu zeigen und Position zu beziehen? Ich finde: Meinungspluralität tut gut – und Vereinen/Berufsverbänden erst recht. Denn eines ist auch klar: Die Themen „Professionalisierung“ und „Vernetzung mit der Gesellschaft“ sind nun auf dem Tisch – mit Unterstützung (fast) der Hälfte der Mitglieder! Sie können und werden sicher nicht unter den Tisch fallen. Danke, Wahlkampf!
Und: „Et kütt wie et kütt!“ kann man auch auslegen im Sinne von „Wer weiß, wofür es gut ist?“ Sowohl für mich als auch für die GSA. Ich leide sicherlich nicht unter einem Mangel an Ideen oder Projekte. Und vielleicht ist Gaby für die nächsten Jahre mit den sich andeutenden personellen Umbauten innerhalb der Organisationen als Präsidentin prima besetzt? Zumal sie am Tag nach der Wahl sehr nett auf mich zugekommen ist, sich für den fairen Wahlkampf bedankt hat und eine konstruktive Zusammenarbeit angeboten hat. Wie bereits klar geworden sein dürfte: Mir ging und geht es nicht um Spaltung des Vereins sondern um Gewinn für unsere Branche. Und ja, liebe Gaby: Sehr gerne bringe ich mich ein. Schließlich gilt auch der nächste Satz aus dem Kölner Grundgesetz:
„Et hätt noch immer jot jejange!“
Auf Deutsch: „Es ist noch immer gut gegangen!“ Und das wird es auch in Zukunft. Denn es geht unterm Strich nicht ums Gewinnen oder Verlieren. Es geht ums allgemeine Vorankommen. Ums Besserwerden. Denn wie gesagt: Niederlagen sind Feedbacks. Sie zeigen, was noch nicht passt. Welche Schraube noch gedreht, welches System noch verbessert werden muss. Und manchmal zeigen sie auch, dass die Zeit noch nicht reif ist.
Also: Vielleicht zeigt das Wahlergebnis auch, dass wir zwei annähernd gleich starke Seiten haben aus Orientierung nach innen und außen, aus Stabilisierung und Erneuerung, aus struktureller und ideeller Ausrichtung – mit leichter Tendenz zur einen Seite. Egal! Denn beide Seiten bedingen einander und wenn man sie beide ernst nimmt, brauchen wir uns um die Zukunft keine Gedanken machen – die wird schon werden! Denn eines ist auch klar:
„Et bliev nix wie et wor!“
Auf Deutsch: „Es bleibt nichts wie es war!“ Die Welt erneuert sich ständig – und das ist auch gut so. Nur was sich nicht mehr erneuert, stirbt. Beziehungsweise ist schon tot. Weiterentwicklung ist für mich mit der wichtigste Sinn unserer schönen Welt. Insofern sind Niederlagen aber immer auch nur Momentaufnahmen – selbst wenn sie sich ungut anfühlen. Sie sind Ansporn zu Lernen, Weiterentwickeln, Besserwerden und manchmal zum geduldigen Abwarten. Denn: Wer weiß, wie es morgen aussieht?
Und dass die GSA insgesamt auf dem richtigen Weg ist, zeigt die großartige Convention in Köln. Unter dem „Convention Chair“ von Cristian Galvez hat eine Veranstaltung stattgefunden, die in Sachen Glanz, Gloria und Genialität so schnell nicht zu toppen sein dürfte! Präsident Lothar Seiwert stand vier Tage lang unter bemerkenswertem Dauerstrom und hat diesen elegant und mit viel Witz und Charme gemeistert. Highlights waren sicherlich die Hall-of-Fame-Auszeichnungen für Ulrich Wickert und Sabine Asgodom sowie der Deutsche Rednerpreis für Hans-Dietrich Genscher, der in seiner bewegenden Rede viele zu Tränen gerührt hat. Auch Laudator Friedrich Nowottny war großartig – und ich hatte die Ehre, vorher mit beiden eine Pressekonferenz zu leiten. Was mich auch sehr gefreut hat, war der Newcomer Award für Heidi Pütz, der Innovation Award für Hans-Uwe Köhler und natürlich der Trainerbuchpreis des Jahres für Thilo Baum. Allen Preisträgern herzlichen Glückwunsch! Dass auch etliche grandiose Workshops und Reden stattgefunden haben, dass die GSA-Universität unter „Direktor“ Markus Hofmann gestartet ist, dass ich das Gefühl hatte, in einem eng vernetzten Kreis unter guten Freunden zu sein, klingt da schon fast wie eine Randnotiz. Also höre ich jetzt besser mit dem Schwärmen auf. Oder ich mache es ganz kurz: Es war einfach genial! Danke, liebe GSA!
Also: Nehmen wir es besser nicht zu ernst, wenn wir mal stolpern! Wir tun ohnehin ganz gut daran, uns selbst nicht immer allzu wichtig zu nehmen. Außerdem: Das wäre auch nicht im Sinne des Kölschen Grundgesetzes.
Hmm. Oder ist Ihnen Englisch lieber statt dem unverständlichen Kölsch? Nun, gerne! Die Stones haben mal gesungen:
You can’t always get what you want. But if you try sometimes you might find: You get what you need!Ich finde: Dem ist nichts hinzuzufügen.
Herzliche Schweinehundegrüße
Ihr
Stefan Frädrich
Wie ich es von Sport gelernt habe, nie „schluss“ sagen. Es gibt immer eine Möglichkeit und du hast viele Chancen! Ich bin ganz sicher nächstes Jahr wird besser