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Drei Schritte für bessere Entscheidungen 

 Juni 15, 2009

Von  Dr. Stefan Fraedrich

Liebe Schweinehundebesitzer,

warum tun wir eigentlich, was wir tun? Meist ja weil wir es für richtig halten. Aber: Liegen wir damit auch tatsächlich immer richtig? Natürlich nicht. Irren ist menschlich, wie es so schön heißt. Fehler passieren ständig. Den einen mehr, den anderen weniger.

Moment! Was aber ist das eigentlich, ein Fehler? Vereinfacht gesagt: Wir handeln und erhalten ein unerwünschtes Resultat. Wir wollen mit dem Auto stets die richtige Abfahrt erwischen, verfahren uns aber hin und wieder. Wir wollen einen Job, den wir lieben, studieren dafür aber das Falsche. Wir wollen das perfekte Produkt auf den Markt bringen, der Markt aber will das Produkt nicht. Dumm gelaufen.

 

Richtig oder das Richtige?

Interessant dabei: Wir machen häufig sogar Fehler, obwohl wir uns angestrengt haben, alles möglichst richtig zu machen! Etwa, wenn wir genau nach Navi gefahren sind – dieses aber die Baustelle nicht kannte. Oder wenn wir auf den Berufsberater gehört haben – der aber keine Ahnung von unseren Stärken und Leidenschaften hatte. Oder wenn sich die Marketing-Abteilung am Reißbrett zwar sicher war – aber leider der Draht zum Kunden fehlte. In diesen Fällen machen wir zwar alles richtig, aber nicht das Richtige.

Nun ist es oft gar nicht so schlecht, ein paar Fehler zu machen. Von Zeit zu Zeit entdeckt man dabei immerhin etwas Neues, vielleicht sogar Besseres. Kolumbus wollte schließlich auch ursprünglich nach Indien segeln, als er Amerika entdeckt hat. Streng genommen hat er also erst mal einiges falsch gemacht. Zum Glück! „Winnetou, der Indianer“ klingt ja auch viel besser als „Winnetou, der Amerikaner“. Danke, Fehler! Vor kurzem, als ich mich mal wieder verfahren hatte, habe ich einen tollen Landgasthof entdeckt. Danke, Umweg! Und ich kenne etliche, denen Schule und Berufsberatung schnurz waren, und die heute trotzdem ein super Berufsleben führen – so wie auch manche in Schule, Uni und Ausbildung top Noten hatten, aber im „echten“ Berufsleben unglücklich sind und unter ihrem Möglichkeiten bleiben. Obwohl sie immer alles „richtig“ gemacht haben. Und nach welchen Kriterien hat wohl Steve Jobs 2001 einen sauteuren MP3-Player auf den Markt gebracht, der heute in den USA 72 Prozent Marktanteil hat? Ich glaube nicht, dass der iPod auf dem Mist der Marketing-Abteilung gewachsen ist: „Du, Steve, unserer Marktinformationsbeschaffung ist da was Tolles eingefallen!“ Ob Steve Jobs wirklich alles „richtig“ machen wollte?

Wir können schlussfolgern: Obwohl man alles richtig macht, kann man das Falsche tun. Und obwohl man etwas falsch macht, das Richtige. Selbstverständlich kann man aber auch das Richtige wollen und dann bei der Umsetzung etwas falsch machen. So etwas erleben wir bei jeder Trainerentlassung in der Fußballbundesliga …

 

Zusammenhänge, Glaube und Aberglaube

Hmm. Irgendwie entsteht der Eindruck, dass wir nicht wirklich vorhersagen können, was die Zukunft bringt, oder? Wir sind letztlich auf Vermutungen angewiesen. Und wie vermuten wir? Indem wir Zusammenhänge suchen und daraus Rückschlüsse ziehen. Naschen wir zum Beispiel ab heute täglich zwei Tafeln Schokolade (also nur mal hypothetisch), tun wir gut daran, möglichst bald einen Zusammenhang mit unserem steigenden Gewicht herzustellen und daraus rückzuschließen, dass wir uns falsch verhalten. Solch einen Zusammenhang herstellen zu können, ist ein Zeichen von Intelligenz. Wir dürfen uns gratulieren.

Manchmal allerdings sind wir beim Zusammenhängeerkennen etwas zu fein justiert und verrennen uns. Nochmal zum Fußball. Mal angenommen, Sie gucken sich ein Spiel Ihrer Lieblingsmannschaft live im Fernsehen an. Dabei trinken Sie zu viel Bier und rennen ständig aufs Klo. Dann kann es sein, dass Ihre Mannschaft genau dann ein Tor schießt, während Sie sich gerade erleichtern. Pech für Sie, wenn Sie nun auf die Idee kommen, dass hier ein Zusammenhang besteht: „Toilette gleich Tor!“ Denn wenn Sie Ihre Hypothese nun überprüfen, indem Sie auf der Toilette bleiben und Ihre Mannschaft schießt tatsächlich wieder ein Tor, haben Sie rasch ein Problem: Wo werden Sie wohl zukünftig Ihre Fußballabende verbringen?

Das Beispiel ist übrigens weit weniger an den Haaren herbeigezogen, als wir gerne hätten. Aberglaube versteckt sich im Alltäglichen. Zum Beispiel beim Onkel Doktor. Haben Sie sich auch schon mal gefragt, wie Homöopathie, Dorntherapie oder Esoterisches Heilen funktionieren sollen? Denn: Die eigentlichen Mechanismen vieler „alternativen“ Heilmethoden kann Ihnen beim besten Willen niemand erklären. Naja, ein bisschen schon: Stellen Sie sich vor, Sie sind krank. Wann gehen Sie zum Arzt? In der Regel wenn es Ihnen echt schlecht geht – sprich: meist auf dem Höhepunkt der Erkrankung. Nach dem Höhepunkt aber, sind Sie bereits auf dem Weg der Besserung. Das heißt: Eigentlich ist es egal, was Ihnen der Onkel Doktor gibt (und sei es nur eine Zuckerpille „ganz ohne was“ drin) – Sie werden die anschließende Besserung wahrscheinlich der Behandlung zuschreiben („Also ich glaube an Homöopathie!“). Klar, warum: Sie suchen wieder einen Zusammenhang. Und finden ihn, obwohl nicht wirklich einer bestehen muss. Denn eigentlich haben Sie „nur“ ein Placebo zu sich genommen …

Doch halt, bevor Sie mich jetzt an den Ideologie-Pranger stellen: Aberglaube hat auch etwas Gutes! Denn der Glaube an die Wirksamkeit eines Medikamentes oder einer Behandlung lässt unser Gehirn körpereigene Opioide ausschütten, also Überträgerstoffe in unseren Nerven, die dem Opium ähneln. Und das verändert unsere Wahrnehmung! Zum Beispiel indem wir Schmerzen nicht mehr so sehr spüren, und trotz Krankheit wieder Ihr normales Leben aufnehmen. Danke, Meridian-Klopftherapie oder Heilstein-Tee! Danke, Placebo! Sie sehen: Auch hier kann etwas zwar methodisch falsch sein, aber dennoch irgendwie das Richtige.

Überhaupt: Danke, Glaube! Denn oft müssen wir erst an etwas glauben, bevor wir ins Handeln kommen. Hätten Sie sich getraut, Ihrem heutigen Partner näherzukommen, wenn Sie nicht ein wenig geglaubt hätten, dass es für Sie beide gut ausgeht? Oder hätten Sie beim Tennis neulich Ihre starke Vorhand gespielt, wenn Sie nicht an sich geglaubt hätten? Na also!

Trotzdem kann (Aber-)Glaube natürlich nach hinten losgehen. Irgendwie werde ich zum Beispiel das Gefühl nicht los, dass auch manche Politiker, Vorstände oder Finanzanalysten nicht ganz frei von Aberglaube sind. Doch: Ab einer gewissen Fallhöhe tun Fehleinschätzungen richtig weh. Man sehe sich dazu auch die jüngere Kirchengeschichte an: Hat nicht erst vor kurzem ein gewisser Herr Ratzinger behauptet, Kondome trügen zur Verbreitung von Aids bei? Wer’s glaubt, wird selig. Hilfe! Gibt es nicht irgendeinen Weg, wie wir unsere Vermutungen überprüfen können, bevor wir uns möglicherweise falsch entscheiden?

 

Die Grenzen der Wissenschaft

Zum Glück gibt es diesen Weg: Die Methodik zur Überprüfung von Vermutungen nennt sich Wissenschaft! Jawohl, die gute alte Wissenschaft! Denn Akademiker glauben erst mal gar nichts bis es bewiesen ist. Und das ist gut so! Pseudokorrelationen wie die Pipi-Tor-Statistik hätten in der Wissenschaft keine Chance. Schließlich zählt nur, was wirklich gezählt werden kann. Und zwar in ausreichend großer Fallzahl, doppelblind- und Placebo-getestet. Sprich: Um etwa zu überprüfen, ob Steine tatsächlich untergehen, wenn man sie ins Wasser schmeißt, müssen wir ganz viele Steine ins Wasser schmeißen, die möglichst alle untergehen – und zwar unabhängig davon, wer sie ins Wasser schmeißt, und ob derjenige, der sie ins Wasser schmeißt auch weiß, dass er wirklich einen Stein ins Wasser schmeißt. Wenn dann (natürlich erst nach ein paar statistischen Analysen) alles stimmt, wissen wir ganz sicher: Steine gehen im Wasser unter. Schließlich haben wir den Beweis erbracht.

Okay, Sie merken: Auch die Wissenschaft hat ihre Grenzen. Und zwar genau da, wo wir nicht immer erst beweisen können bevor wir handeln – im täglichen Leben. Wer kann schon eine Uni beauftragen, wichtige Entscheidungen zunächst auf alle Eventualitäten durchzutesten? Zumal sich ja immer plötzlich die Umstände ändern können. Da ärgern wir uns gestern noch vorwiegend über die „Finanzkrise“ – und plötzlich spielt Kim Jong Il Atommacht! Da freuen wir uns auf unsere „sichere“ Betriebsrente – und plötzlich wird die von einer Insolvenz aufgefressen, obwohl wir vorher alles „akademisch“ genau durchgerechnet hatten! Oh ja, die Grenzen sind wohl die Versuchsbedingungen …

Außerdem: Die Nichtexistenz eines Beweises ist noch lange kein Beweis für Nichtexistenz! Was (noch) nicht bewiesen wurde, kann trotzdem existieren! Denken wir nur ein paar Jahre zurück, als Magengeschwüre angeblich noch von zu viel Stress und psychischen Problemen kamen. Tja, und dann wurde der hauptsächliche Grund dafür entdeckt: Helicobacter pylori. Ein fieses kleines Bakterium, das sich im sauren Magen pudel-wohl fühlt – auf Kosten der Schleimhaut. Die Lösung: Antibiotika statt Couch! Und tausende Mägen wurden wieder gesund. Deshalb: Wer weiß schon, was wir noch nicht wissen? Jede Wette, dass das verdammt viel ist!

 

Drei Schritte für bessere Entscheidungen

Tja, woher sollen wir nun wissen, was wir tun sollen? Wie entscheiden wir, was richtig und was falsch ist? Geht das überhaupt? Ich meine schon. Und zwar in drei Schritten:

Erstens: Was ist *wahrscheinlich* die richtige Entscheidung?

Was sollten wir nach bestem Wissen und Gewissen tun? Meist liegen wir damit nämlich gar nicht so schlecht. Und unser schlaues Oberstübchen braucht für wahrscheinliche Zusammenhänge weder Wissenschaft noch Aberglaube – es reichen in der Regel ein scharfer Blick und ein kritisches Hineinhorchen in unseren „Bauch“!

Im Falle zweier Alternativen fragen Sie sich zum Beispiel: „Wie wahrscheinlich erhalte ich, was ich will, wenn ich mich für Weg A entscheide? Und wie wahrscheinlich auf Weg B?“ Meist werden Sie eine ganz gute Antwort erhalten.

Nun fragen Sie sich: „Welches Gefühl verschafft es mir, wenn ich mich für die wahrscheinlichere Variante entscheide?“ Los, horchen Sie in sich hinein! Na, was sagen die Gefühle?

Zweitens: Übernehmen Sie Verantwortung und handeln Sie!

Wenn Hirn und Herz zur gleichen Antwort gekommen sind – Gratulation! Sie haben  sich entschieden. Sie können sofort loslegen.

Falls nicht: Woran liegt es? Hier sind meist zwei Szenarien denkbar.

In Szenario eins gibt Ihr Verstand klar eine Richtung vor, aber Ihr Bauch warnt Sie davor. Also: Warum warnt Sie Ihr Bauch?

Kann es sein, dass Sie gegen Ihre Gewohnheiten handeln müssten und Ihr innerer Schweinehund deshalb auf die Barrikaden klettert? Oder dass Sie mit Ihrer Entscheidung in Ihrer Umgebung „gegen den Strom“ schwimmen müssten? Seien Sie ehrlich mit sich selbst: Wenn Sie etwas Unbequemes für richtig halten, bringt es nichts, das zu verleugnen. Übernehmen Sie Verantwortung und handeln Sie! Meist verschwinden innere Widerstände sehr schnell, wenn man einmal in Schwung gekommen ist und erste Resultate erzielt. Bevor der Helicobacter endeckt wurde, hätte man über Idee von Magenbakterien vermutlich auch erst mal gelacht.

Oder: Sie sind zwar sehr kopfgesteuert und „vernünftig“, fühlen aber, dass Ihnen eine Bauchentscheidung besser täte? Hier gilt es nun, den Kopf ein wenig „runterzufahren“. Übernehmen Sie also die Verantwortung für Ihr seelisches Wohl! Zwingen Sie sich nicht zu etwas, das Sie gar nicht wollen! So ermöglichen Ihnen die Schulnoten zwar vielleicht ein Numerus-Clausus-Studienfach – aber erfolgreicher und glücklicher werden Sie dennoch mit etwas anderem.

In Szenario zwei hingegen ist es andersherum: Ihr Bauch sagt ganz klar, wohin es gehen soll, während Ihr Verstand unentschieden ist.

Die Lösung: Wie verlässlich sind Ihre Bauchentscheidungen in der Regel? Liegen Sie damit meist richtig? Sehr gut: Dann können Sie den Wirrwarr im Kopf getrost übergehen. Fühlen Sie sich mit alternativen Therapien prima, obwohl Sie deren Wirkmechanismen nicht verstehen? Dann machen Sie damit weiter! Doch Vorsicht: Ecken Sie mit Ihren Bauchentscheidungen immer wieder an und schlittern von einem Problem zum nächsten, dürfte es sich lohnen, mehr auf ihren Kopf zu hören statt auf den Bauch. Übersehen Sie vielleicht etwas? Womöglich nutzt Ihnen eine konventionelle Therapie ja mehr …

Und dann handeln Sie! Die allerschlechteste Variante ist meist so lange zu warten, bis entweder eine Chance vertan ist, oder Ihnen ein anderer die Entscheidung abgenommen hat. Ja, selbst für leidenschaftliche Sicherheitsfanatiker ist es oft am riskantesten gar nichts zu tun – also auf wahrscheinliche Zusammenhänge überhaupt nicht zu reagieren. Steve Jobs jedenfalls hat es mit dem iPod richtig gemacht – obwohl sicherlich auch er anfangs ein paar Zweifel hatte. Wer weiß, welcher MP3-Player ohne Apple heute am erfolgreichsten wäre?

Drittens: Überprüfen Sie die Ergebnisse und korrigieren Sie gegebenenfalls Ihre Handlungen!

Behalten Sie sich eine gesunde Skepsis bei, und überprüfen Sie die Ergebnisse, die Sie erzielen! Fragen Sie sich immer wieder: „Bin ich wirklich auf dem richtigen Weg? Oder käme ich anders besser voran?“ Ein Hauptproblem vieler Starrköpfe ist ja, dass sie nicht bereit sind, der Realität ins Auge zu blicken.

Wenn Sie Verbesserungsbedarf entdecken: Verbessern Sie! Und zwar ständig! Die meisten Prozesse müssen immer wieder an die Realität angepasst werden. Das dürfte eigentlich sogar für die katholische Kirche gelten.

Aber: Korrigieren Sie nicht zu früh! Bei vielen Entscheidungen braucht man einen langen Atem, bis eine Saat Früchte trägt. Also brechen Sie nicht zu früh ab – sonst holen Sie niemals die Ernte ein. Achten Sie vielmehr auf die kleinen Zeichen, die Ihnen zeigen können, dass Sie auf dem richtigen Weg sind, obwohl Sie noch keine Belohnung erhalten haben. Felix Magath lag mit Wolfsburg zur Winterpause immerhin auch noch auf dem neunten Platz … 

Kurz: Behalten Sie einen kritischen Blick für „klare“ Zusammenhänge! Dann wird’s schon werden mit Ihren Entscheidungen.

 

Irren ist menschlich – nicht irren auch

Nochmal: Warum tun wir, was wir tun? Meist weil wir es für richtig halten. Obwohl wir damit nicht immer richtig liegen. Also: Irren ist zwar menschlich. Und Fehler passieren ständig. Aber: Den einen mehr, den anderen weniger. Denken Sie einfach mit – dann werden Sie schon zu den anderen gehören!

Viel Erfolg dabei!

 

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