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Warum Stress sein muss 

 Mai 26, 2016

Von  Dr. Stefan Fraedrich

Liebe Schweinehundefreunde,

vor ein paar Tagen hatte ich ein interessantes Gespräch über Stress, Ärger und Unzufriedenheit.

Die Haltung meines Gesprächspartners: Anstrengung, Ärger, negative Gefühle etc. seien Hinweise auf ein schlecht geführtes Leben. Wer darunter litte, müsse unbedingt etwas verändern, sonst drohten schlimme Langzeitfolgen. 

Meine Haltung hingegen: Stress, Ärger, Unzufriedenheit etc. gehören zum Leben dazu. Wer ernsthaft versucht, sie dauerhaft zu vermeiden, ist ein neurotisches Weichei.

Ups! „Neurotisches Weichei“? Ja, genau so meine ich es. Denn hinter dem Anspruch, das Leben möge bitteschön bequem sein, stecken oft tief sitzende Ängste: vor dem eigenen vermeintlichen Unvermögen mit Herausforderungen klarzukommen, mit Mitbewerbern, Stress, Niederlagen und so weiter. Das „Lebensprinzip Bequemlichkeit“ ist also im Kern von Angst vor Anstrengung getrieben und die eigene Stimmung somit in höchstem Maße abhängig von der Außenwelt:

  • „Ist da draußen alles okay, geht es mir gut.“
  • „Ist es da draußen unbequem, geht es mir schlecht – WEIL es da draußen unbequem zugeht.“

Bemerken Sie den Denkfehler? Nicht neurotischen Menschen geht es in der Regel gut. Und zwar UNABHÄNGIG von der Welt „da draußen“. Sie sind emotional stabil, ruhen in sich. Dem Neurotiker geht es selbst dann schlecht, wenn es „da draußen“ nur ein wenig ruckelt.

Könnte es also sein, dass unsere ach so gemütlichen Lebensansprüche massenhaft Neurotiker produzieren? Ziele müssen heute realistisch sein, Boni gut, Lehrer fair, Chefs nett, Bezahlung gerecht, Urlaube perfekt, Kinder pflegeleicht, Straßen sicher, Körper schön und gesund, Aufgaben machbar, Lebensläufe gerade, Arbeitszeiten geregelt, … Die Liste ließe sich fortsetzen.

Das Problem dabei: Wenn wir ernsthaft erwarten, dass uns stets gebratene Tauben in den Mund fliegen, konstruieren wir einen systematischen Grund für dauerhafte Unzufriedenheit und Leid. Denn im Leben geht es nun mal oft holprig zu! Wer das verleugnet, wird chronisch unzufrieden – ein neurotisches Weichei. Er konzentriert sich auf das was fehlt, statt auf alles was da ist. Er lebt im Zustand von Mangel, Leid, Verlust und ständiger Begrenzung. Er ist immer arm dran.

Wer hingegen akzeptiert, dass Stress, Frust, Ärger, Unzufriedenheit zum Leben dazugehören, hat die Chance, sich mit ihnen zu arrangieren. Er integriert sie in seine Vorstellung vom Leben, nimmt sie als unveränderliche Bestandteile an – und hat deshalb keinen Grund, unter ihnen zu leiden: „Wozu jammern? Gehört doch alles dazu.“

Wer so denkt, gibt Problemen keine Macht, weil sie nur Hinweise sind, wo etwas noch verbessert oder akzeptiert werden muss. Er weiß was noch entstehen kann, sieht daher Chancen, Fülle und Aufgaben – und ist somit immer reich.

Vielleicht denken Sie jetzt: „Was, wenn man unter einer Situation dauerhaft leidet? Soll man dann seine schlechten Gefühle ignorieren?“ Stichworte Burnout, Traumata, Sinnkrisen. Nein, natürlich nicht! Wem es dauerhaft schlecht geht, weil es dafür einen wichtigen Grund gibt, muss sich seinen Gefühlen stellen: Was wollen sie sagen? Was ist zu verändern? Aber der Fokus sollte auf der eigenen Macht sein, statt auf Leid und Hilflosigkeit.

Im Prinzip kann man recht simpel unterscheiden:

  • Dauerhafter Stress und Unzufriedenheit machen uns krank: Wir entwickeln körperliche uns psychische Störungen und können ernsthaft aua und gaga werden.
  • Zwischenzeitlicher Stress und Unzufriedenheit aber halten uns fit: Sie trainieren unsere Frustrationstoleranz und erweitern unsere Komfortzone. Wir entwickeln unsere Resilienz weiter und werden körperlich und psychisch gesünder.
  • Ständige Reizarmut und Stressfreiheit hingegen lassen uns körperlich und psychisch verkümmern. Wir werden – genau! – zu neurotischen Weicheiern

In diesem Sinne: Wo erfahren Sie zurzeit Stress, Ärger und Unzufriedenheit? Dann versuchen Sie doch mal, dafür auf tiefstem Herzen dankbar zu sein!

Schließlich ist klar: Nur die Harten kommen in den Garten. Amen.

In diesem Sinne:

Herzliche Schweinehundegrüße

Ihr

Dr. Stefan Frädrich

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  • Hallo Stefan,

    ich bin zufällig auf deinen Blog gestoßen und finde die ersten Texte sehr interessant. Ich werde mich mit Vergnügen die Tage nach und nach durch die Seite klicken und dich gerne mit supporten.
    Zum Thema Motivation wirst du bei uns auf der Seite vielleicht auch die eine oder andere Syergie finden.

    Liebe Grüße
    Chris

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